Wir reihen uns mit dem heutigen Beschluss in einen weltweiten Prozess ein, den ein Globales Forum moderner direkter Demokratie schon begonnen hat zu koordinieren.
Obwohl jede Demokratiestadt ihren eigenen Weg zu mehr Demokratie geht, ist sie stets bestrebt, Lehren aus den Erfahrungen anderer Städte zu ziehen. Deshalb, so wurde bereits am Global Forum 2018 in Rom festgehalten, brauchen Demokratiestädte ein globales Kooperationsorgan, eine Internationale Liga der Demokratiestädte.
Im Rahmen dieser Liga, die Ende 2019 am Forum in Taiwan gegründet wurde, gibt es viele mögliche Formen der Kooperation und von Aktivitäten, die ich aus Zeitgründen hier nicht aufführen möchte.
Charta:
Der in Rom ausformulierte Entwurf einer «Magna Charta» ist in den vergangenen zwei Jahren global ausführlich diskutiert worden. Das Eingangsdokument ist insofern zu einem Kommunikation Instrument weiterentwickelt worden, mit zurzeit 20 Items.
Viele, nicht alle diese Forderungen erfüllen wir bereits.
1. Demokratisierung als ständige Aufgabe:
Strukturelle Verankerung von ständiger Demokratisierung. Demokratiestädte sind Orte, an denen die Menschen nie aufhören daran zu arbeiten, Städte demokratischer werden zu lassen. Sie sind auf der Suche. Sie experimentieren. Sie suchen nach Wegen, neue und alte, bewährte und weniger bewährte, um die Bürgerbeteiligung zu stärken. Demokratiestädte sind nie zufrieden mit den heutigen demokratischen Fortschritten – weil sie zu sehr damit beschäftigt sind, an den zukünftigen zu arbeiten.
2. Raum für Dialog:
Räumliche Infrastruktur für Diskussionen und Entscheidungen der Bürgerinnen. Eine Demokratiestadt schafft physische Räume, in denen Menschen frei und sicher miteinander diskutieren und gemeinsam demokratische Entscheidungen treffen können.
3. Demokratie auf Augenhöhe:
Eine Demokratiestadt ist ein Ort, an dem Bürger ebenso wie Politiker über jedes Thema oder jede Frage entscheiden können. Bürger und Politiker sind gleichberechtigt.
4. Infrastruktur der Partizipation: Kontinuierliche Weiterentwicklung der Infrastruktur für Partizipation & Demokratie
5. Schutz der lokalen Selbstbestimmung:
Festlegung der Regeln für Partizipation & Demokratie durch von den Menschen selbst. festgelegt. Eine Demokratiestadt schützt ihre demokratischen Praktiken und Verfahren.
6. Mitspracherecht für Junge: Echte demokratische Mitsprache für Jugendliche
7. Soziale Bewegungen als Demokratiemotor:
Förderung des Austauschs unter Menschen und von sozialen Bewegungen
8. Vom Lokalen zum Nationalen und Transnationalen:
Mitreden auf größeren politischen Ebenen mithilfe der Stadt. In einer Stadt der Demokratie arbeiten Bürgerinnen und Bürger nicht nur zusammen, um in ihrem Quartier oder auf kommunaler Ebene zu partizipieren, sondern auch um Wege zu finden, um auf der regionalen, nationalen und transnationalen Ebene mitreden zu können.
9. Agenda 2030 in der Praxis: Thema Nachhaltigkeit
10. Vollzug und Transparenz: Ausreichende Mittel zur Umsetzung von Bürgerinnen Entscheidungen und Kontrolle der Umsetzung
Und so weiter und so fort – Die weltweite Charta der Demokratiestädte ist lesenswert leicht im Internet abrufbar
Eine Demokratiestadt Neustadt ist für uns Grüne also kein Marketing Gag der Tourismusabteilung.
Eine Demokratiestadt Neustadt lebt vom Engagement unserer Bewohner(innen), ihren Beiträgen und ihrem Mitwirken.
Wir haben in Neustadt in den vergangenen Jahren in dieser Hinsicht schon einiges getan, was so oft vor wenigen Jahren noch undenkbar schien:
- Über die Tunnellösung konnten die Neustadter abstimmen mit bekanntem Ergebnis
- Die Information und Teilhabe unserer Mitbewohner wurden durch zahlreiche Versammlungen verstärkt. (Bau Projekte, Straßenumgehungen usw. sind da zu nennen). Hierzu zählt auch das Projekt in Hambach, das Entwicklungskonzept für den Ortsteil.
Eine Stadtkonzeption, das Klimakonzept unter anderen konnten mit breiter Bürgerbeteiligung erstellt werden.
Auch die Gedenk- und Erinnerungskultur hat einen neuen höheren Stellenwert erreicht:
Spontan fallen mir da die Arbeit des Museumsvereins und des Stadtarchives ein, die Verlegung der Stolpersteine, alternative Stadtführungen und auch die Gründung des Demokratienetzwerkes mit seinen zahlreichen großartigen Initiativen. Und schließlich die Gründung der Bildungs- und Gedenkstätte für NS Opfer und die Bemühungen zur Öffnung des ehemaligen Gestapokellers.
Es bleibt abschließend also festzustellen: In den letzten Jahren ist in Neustadt in Richtung Demokratiestadt schon einiges in die richtige Bahn gekommen. Aber wir Grünen sind auch der Meinung, dass dies erst der Anfang sein kann.
Abschließend sei gesagt: Wir stimmen deswegen für den Antrag und unterstützen die Vorschläge, wie es weitergehen soll, in dessen Begründung.
Kurt Werner
Stadtrat Bündnis90/Die Grünen