Grüne Neustadt

Die Grünen - Neustadt a.d. Weinstraße

Grüner Rückblick auf das Jahr 2022 von Elke Kimmle

Liebe Grüne und liebe Gäste,

wer uns noch nicht kennt – Rainer Grun-Marquardt und ich (Elke Kimmle) sind seit September 2020 die Fraktionsvorsitzenden der Grünen in Neustadt.

Obwohl wir also seit über zwei Jahren als Sprecher*innen aktiv sind, ist das hier unser erster Neujahrsempfang „in echt“ – in dieser Funktion.

Und wir freuen uns riesig darüber. Dass wir uns jetzt begegnen und mit euch ins Gespräch kommen können.

2023 ist ein extrem wichtiges Jahr für uns Grüne in Neustadt. Denn wir müssen uns für den Kommunalwahlkampf vorbereiten. Das heißt, wir müssen Frauen und Männer – die etwas in Neustadt bewegen wollen – gewinnen, sich für die Stadtratswahl aufstellen zu lassen. Für die Kandidat*innenliste brauchen wir viele – vor allem Frauen -, da wir abwechselnd Frauen und Männer vorschlagen wollen. Wie es gute Tradition ist für eine gleichberechtigte grüne Partei.

Das Gleiche gilt auch für die Ortsbeiräte. Hier wollen wir erreichen, dass Grüne auch in Geinsheim, Duttweiler und Königsbach eine Stimme bekommen. Daher am besten jetzt schon mitdenken, wen wir ansprechen könnten. Für die letzte Kommunalwahl haben wir es geschafft – neben Haardt, Hambach, Lachen-Speyerdorf und dem Innenstadtbeirat – auch in Gimmeldingen, Mußbach und Diedesfeld Fuß zu fassen. An der Stelle schon einmal ein großes Dankeschön an alle Aktiven in den Ortsbeiräten und im Innenstadtbeirat!!! Ihr macht einen wichtigen Job, denn die Beiräte vor Ort stehen in der Gremienberatungsreihenfolge ganz vorne. Wenn euch etwas nicht passt und ihr zum Beispiel gegen ein Projekt stimmt, nehmen das die nachfolgenden Ausschüsse und auch der Stadtrat sehr ernst.

Daher brauchen wir als Fraktion auch immer wieder eure Rückkopplungen und Ortskenntnisse. Ideal ist es, wenn jemand aus dem Ortsbeirat auch gleichzeitig Mitglied in der Fraktion ist.

Außerdem wollen wir bis zum Jahresende unser neues kommunales Wahlprogramm für Neustadt erstellen. Dafür sollen die verschiedenen Arbeitsgemeinschaften, die sich einmal im Monat – in der Regel online treffen – für ihren Themenbereich Ziele und konkrete Forderungen formulieren. In den AGs sind Vorstands- wie auch Fraktionsmitglieder vertreten. Aber unser expliziter Wunsch ist es, dass sich auch mehr Grüne Mitglieder beteiligen, die bislang noch keine Funktion haben.

Wir haben derzeit fünf aktive Arbeitsgemeinschaften mit den Themenschwerpunkten:

  • Klima-, Umwelt und Naturschutz
  • Demokratie
  • Mobilität und Stadtentwicklung
  • Soziales und Bildung
  • sowie Wirtschaft und Tourismus

Daher der Aufruf: Bringt eure Vorstellungen und Ideen in die Arbeitsgemeinschaften und damit in unser neues Grünes Wahlprogramm für Neustadt ein. Die jeweiligen Treffen stehen auf der Homepage. Wer sich für eine AG angemeldet hat, erhält dann eine Einladung mit dem jeweiligen Zoom-Link.

Jetzt möchte ich noch einmal im Schnelldurchlauf aufs letzte Jahr zurückblicken und zusammenfassen, was da für uns Grüne in Neustadt Relevantes passiert ist.

2022 war für uns Grüne ein Jahr der „Ernten“ – aus Anträgen der vergangenen Jahre (von 2019 und 2021).

So wurde im Oktober 2019 unser Grünen-Antrag, ein Nachhaltigkeitskonzept für Neustadt zu erstellen, einstimmig im Stadtrat angenommen. Ich muss gestehen, ich selbst hatte bei dem Antrag damals Bauchschmerzen, da ich dachte: „Wir müssen erst einmal das in 2017 verabschiedete Klimaschutzkonzept für Neustadt umsetzen, bevor wir die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen für Neustadt herunterbrechen.“ Ich hatte die Befürchtung, wir „verheben“ uns – insbesondere die Verwaltung und unsere Umweltdezernentin Waltraud Blarr.

Aber nach gut 2,5 Jahren und zwei Beteiligungsformaten mit der Öffentlichkeit legten Waltraud und ihr Team aus verschiedenen Verwaltungseinheiten eine umfangreiche Nachhaltigkeitsstrategie für Neustadt vor (100 Seiten). Das war ein Megakraftakt, aber das Ergebnis kann sich absolut sehen lassen. Daher an dieser Stelle ein großes Dankeschön an Waltraud Blarr!!!

Die Nachhaltigkeitsstrategie wurde im Stadtrat am 28. Juni 2022 einstimmig beschlossen. Es hat auch im Vorfeld einiges an Mühe gekostet, diese Einstimmigkeit zu erreichen.

Die Ziele und Maßnahmen sollen in einem zyklischen Management­prozess jährlich evaluiert, nachgebessert und fortgeschrieben werden. Das ist neu für die Verwaltung. Und wir werden es uns auf Wiedervorlage legen, damit der Stadtrat tatsächlich jedes Jahr ein Update erhält.

Für uns Grüne ist in erster Linie wichtig, dass mit der Nachhaltigkeitsstrategie auch die aktuelle Klimaschutzstrategie für Neustadt erarbeitet wurde. Dazu zählt zudem die Einführung einer nachhaltigen Beschaffung und eines Kreislaufsystems für Gebäude (das sogenannte „Cradle to Cradle“). Denn durch die Bauwirtschaft wird sehr viel CO2 emittiert (Stichwort: Klimakiller Beton).

Beide Strategien könnt ihr euch auf der Grünen Homepage anschauen. Die Nachhaltigkeitsstrategie steht auch auf der Klimaschutz-Homepage von Neustadt (https://klimaschutz/neustadt.de).

Allerdings fehlt noch etwas ganz Entscheidendes bei der aktuellen Klimaschutzstrategie für Neustadt. Könnt ihr es euch denken? Etwas absolut Politisches und leider in Neustadt sehr Umstrittenes.

Es fehlt die Forderung nach Windkraftanlagen!!!

Mit mindestens zwei Windrädern hat schon das Klimaschutzkonzept von 2017 gerechnet. Aber diese sind nicht gekommen – obgleich ein Windkraftbetreiber (JUWI) hierfür Anträge und alle Unterlagen eingereicht hat. Woran lag es?

Unser jetziger Oberbürgermeister Marc Weigel hat in seinem Wahlkampf versprochen, dass er Windräder in Neustadt verhindern werde. Und leider ist es ihm bislang gelungen. Die Verwaltung hat – obgleich ein Artenschutzgutachten vorlag – noch ein zusätzliches Gegengutachten mit ganz vielen Begehungen in Auftrag gegeben. Mit dem Ziel, den Wiedehopf als windkraftsensible Vogelart nachzuweisen. Was auch gelang (zumindest für einen Vogel, der näher als 1.000 m zum geplanten Windrad brütete). Vermutlich aus diesem Grund hat das Gericht dem Windanlagenbetreiber Ende letzten Jahres empfohlen, seinen Bauantrag für die zwei Windräder zurückzuziehen. Und das hat er getan. Leider!!!

Schlimm finde ich vor allem dabei, dass zur Verhinderung der beiden Windräder der Artenschutz instrumentalisiert wurde.

Obgleich es den meisten Gegnern der Windkraft nur um eine ungestörte Sicht auf den Haardtrand und das Hambacher Schloss geht. (Einziges Kriterium: das Landschaftsbild.)

Als wenn das eine Relevanz hätte angesichts der Klimakatastrophe!!!

Was für ein Armutszeugnis für Neustadt und vor allem für den Oberbürgermeister!!! Das war eine gnadenlos verpasste Chance für Neustadt, schneller klimaneutral zu werden!!!

Die Haßlocher sind da schlauer. In nahezu direkter Nachbarschaft zu den Windradvorrangflächen in Neustadt werden dort noch zwei weitere Windkraftanlagen (zu den bisherigen beiden) hinzukommen. Das stand gestern in der Rheinpfalz.

Mindestens zwei Windräder in Neustadt werden daher eine zentrale Forderung für unseren Kommunalwahlkampf sein!!!

Wir werden uns dabei auf das so genannte „Osterpaket“ der Bundesregierung für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien stützen.

Dabei ist uns aber ganz wichtig, mit dem Artenschutz zusammenzuarbeiten und eher an anderen Stellrädchen zu drehen. Wie z.B. an den weichen Ausschlusskriterien, die die Verwaltung bei der letzten Windkraftpotentialstudie formuliert hatte. (Stichwort: Historische Kulturlandschaften).

Inhaltlich unterstützt wird unsere Forderung nach mindestens zwei Windrädern durch die Stadtwerke. Diese haben in einem Bericht im Juni 2022 dargelegt, wie Neustadt bis 2045 klimaneutral werden kann. Und dafür sind zwei Windkraftanlagen mit über 16 GWh/a notwendig. Denn selbst wenn alle Dach- und versiegelten Flächen mit PV-Anlagen bestückt werden würden, würde das den Strombedarf von Neustadt nicht klimaneutral decken.

Übrigens haben die Stadtwerke und die Verwaltung nicht von sich aus darüber berichtet, wie Neustadt klimaneutral werden kann, sondern aufgrund eines gemeinsamen Antrags von Grünen mit der SPD im November 2021. Hier hatten wir einen Antrag auf Bericht zur aktuellen Klimaschutzstrategie von Neustadt eingereicht.

Nur um das an dieser Stelle klarzustellen: Wir Grüne wollen erreichen, dass Neustadt schon bis 2035 klimaneutral wird – zumindest bilanziell.

Ein weiterer greifbarer Erfolg unseres Antrags zur aktuellen Klimaschutzstrategie aus 2021 ist die Verabschiedung einer Solarrichtlinie für Neustadt im Dezember 2022 (13.12.2023, wurde auch laut Ratsinformationssystem einstimmig beschlossen). Ähnlich wie in Landau, sollen ab diesem Jahr in allen neuen Bebauungsplänen, städtebaulichen Verträgen und Grundstückverkäufen eine Solarpflicht eingeführt werden. Dieses Thema wurde leider noch gar nicht durch die Rheinpfalz aufgegriffen. (Die Verwaltung vermied übrigens den Begriff Solarpflicht und formuliert es: „Grundsatzbeschluss Solarnutzung“.)

Was lange währt, wird endlich gut! Im Dezember vorletzten Jahres (am 14.12.2021) hatten wir einen Antrag auf Erarbeitung eines Klimaanpassungskonzepts für Neustadt gestellt – mit der Bereitstellung von 20.000 Euro Haushaltsmitteln als Eigenanteil. Dieser wurde einstimmig beschlossen. Ende Oktober letzten Jahres hat Neustadt dann endlich vom Bund die Förderzusage erhalten (RP 29.10.2022).

Im März letzten Jahres (16.3.2022) haben wir zum Thema Klimaanpassung schon einmal den Antrag auf Ausschluss von Schottergärten in künftigen Bebauungsplänen gestellt. Auch dieser wurde einstimmig angenommen. Für die Zukunft müssen wir allerdings an den Bestand ran und den Rückbau von Schottergärten voranbringen. Das gelingt natürlich am besten mit Förderprogrammen. (Für diese hat uns die ganze Zeit die ADD (Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion) keine Genehmigung erteilt.

Dafür kommen jetzt die 2,34 Millionen Euro aus den KIPKI-Mitteln des Landes gerade recht. KIPKI ist die Abkürzung für Kommunales Investitionsprogramm für Klimaschutz.

Wir würden gerne (zumindest mit einem Teil des Geldes) Förderprogramme für Klimaanpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen auf die Schiene bringen. Und zwar für Maßnahmen, die sich bislang noch nicht rechnen.

Daher haben wir aktuell einen Antrag eingereicht (am 17.1.2023, der aber erst am 14.2.2023 abgestimmt wird), der fordert dass Vertreter*innen der Fraktionen frühzeitig mitbestimmen können, für welche Projekte die 2,34 Millionen Euro eingesetzt werden. Denn wir wollen vermeiden, dass die Verwaltung, das Geld ausschließlich für Projekte verwendet, die sie eh umzusetzen wird.

Wir sehen dagegen Förderprogramme als wesentlichen Motor an, im Bestand Positives für Klimaschutz und Klimaanpassung zu erreichen.

Ob das PV-Dächer über Parkplätze und versiegelte Flächen sind oder Solaranlagen auf großen Hallen ohne nennenswerten Eigen-Stromverbrauch. (Denn derzeit lohnt sich das Einspeisen ins Stromnetz noch nicht.)

Oder die Förderung von Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünung. Die Entsiegelung von Flächen und Schottergärten oder der Einbau von Zisternen.

Die Stadtwerke planen beim Diakonissen-Mutterhaus in Lachen-Speyerdorf eine Freiflächen-PV-Anlage. Für uns ist hierbei wichtig, dass die Belange des Natur- und Artenschutzes unbedingt eingehalten werden. Wir wollen eine ökologische Freiflächen-PV-Anlage erreichen. Leider sind PV-Anlagen über Böden – die für Landwirtschaft und Artenschutz wertvoll sind – derzeit noch die finanziell günstigste Art der regenerativen Stromerzeugung. Dabei sollte klar sein, dass zuerst alle bereits versiegelte Flächen mit Solaranlagen ausgestattet werden sollten. Daher die Idee mit den Förderprogrammen…

Außerdem sehen wir Potential in Agri-PV-Anlagen, was Win-Win für die Winzer und Landwirte bedeuten könnte. So könnte – wenn es geschickt gemacht wird – der Ertrag sogar gesteigert und regenerativer Strom produziert werden. Hierzu wird demnächst ein Pilotversuch beim DLR (Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum) starten. Wir werden diesen gespannt verfolgen.

Zudem ist noch ein ganz anderes „heißes“ Energiethema um die Ecke gebogen. Nämlich die Tiefengeothermie. Unter anderem hat sich in Geinsheim die Firma Vulcan Energie Ressourcen bergbaurechtlich Flächen gesichert, auf denen sie eine Tiefengeothermieanlage realisieren und aus den Thermalwässern Lithium für die Batterieherstellung für E-Autos gewinnen wollen. Ein komplett neues Verfahren, für das es noch keine Langzeiterfahrungen gibt.

Prinzipiell wäre durch Geothermie eine klimaverträgliche und kostengünstige Wärmeversorgung von Teilen von Neustadt möglich. Hierfür müssten die Stadtwerke das Fernwärmenetz allerdings deutlich ausbauen.

Wir haben mit allen Fraktionen im Stadtrat gemeinsam einen Antrag im November 2022 (15.11.2022) eingebracht, mit dem Verwaltung und Stadtwerke aufgefordert werden, eine kommunale Wärmeplanung für Neustadt in Auftrag zu geben und eine Machbarkeitsprüfung hinsichtlich einer regenerativen Wärmeversorgung durch Tiefengeothermie durchzuführen. (Das war ein diplomatischer Kraftakt, der aber am Ende gelungen ist.)

Wir werden das Thema Tiefengeothermie auf jeden Fall eng begleiten. Viele von uns Grünen haben sich schon die Geothermieanlage in Insheim bei Landau angeschaut, wo erste Lithiumextraktionsversuche durchgeführt werden. Wir werden uns als nächstes die Lithiumgewinnung mit zwei Chemikern aus unserem Kreisverband genauer erklären lassen.

Auf jeden Fall fordern wir einen transparenten Prozess mit Bürgerbeteiligungen. Bedenken müssen ernst genommen und argumentativ entkräftet werden…

Ich habe mich mit meinem Part der Neujahrsansprache ganz speziell auf Klima- und Energiethemen fokussiert. Da unser drängendstes Thema – neben dem rasant voranschreitenden Artensterben – ganz klar die Klimakatastrophe ist.

Wir haben natürlich auch noch ganz andere Themen vorangetrieben, wie z.B. die Einführung einer Sozialwohnraumquote von 20 % bei allen größeren Neubauprojekten ab diesem Jahr. (Zustimmung im Stadtrat am 13.12.2022 – mit mehrheitlichem Beschluss).

Abschließend möchte ich mit einem kategorischen Imperativ in Zeiten des Klimawandels enden: „Konsumiere so, wie du dir wünschen würdest, dass alle es tun.“ (Die Aussage stammt von dem Verhaltensökonom Armin Falk aus Maja Göpels Buch „Unsere Welt neu denken“.)

Danke für eure Aufmerksamkeit!

Elke Kimmle

Elke Kimmle

Co-Fraktionsvorsitzende
Stadtrat Neustadt